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DISRUPT YOURSELF von Christoph Keese* beschreibt in erster Linie die maßgeblichen Änderungen der Weltordnung durch den digialen Wandel.
Als ich den Buchtitel sah, sprach mich das Thema direkt an. Zwar lese ich ungerne Bücher über 250 Seiten, weil es mir meist zu lange dauert und es langatmig wird. Kurzum wird oft zu weit ausgeholt.
In der Buchhandlung schlug ich kurz auf und las quer ein bis zwei Sätze in der Mitte.
Katsching. Sofort Fokus und drüber nachgedacht. Ich habe etwas gesucht, doch letztlich habe ich die Textstelle gefunden.
Warum gibt es in Parkhäusern noch Schranken und Zahlautomaten? Smartphones besitzen alle Informationen, die man braucht, um einen Parkvorgang vollautomatisch im Hintergrund abzurechnen.
Christoph Keese „Disrupt yourself“ Seite 155-156
Mhh, genau mein Geschmack. Ich habe dann noch mal circa 60 Seiten geblättert und ein Fallbeispiel eines Einkaufsladens ohne Mitarbeiter von Amazon gefunden.
Das hat mir gereicht. Diese Themen beschäftigen mich auch im privaten Bereich.
Die digitale Revolution ist längst da, auch wenn einige das nicht sehen und verstehen wollen.
Als Leser wirst du wirklich langsam in die Materie eingeführt. Der Autor ist ursprünglich aus dem Journalismus-Kerngeschäft und beschreibt ausführlich wie es ihm ergangen ist. Seine Geschichte umrandet im Prinzip das Buch.
Er erzählt von der Kalkscheune. Diese beschreibt ein Erlebnis, welches ihn nachhltig geprägt hat. Der moderne Journalismus wurde in Frage gestellt. Das war lange vor der Ära der privaten Blogs und Webseiten.
Die Gefühle des Autors kann ich als Leser fast sogar nachempfinden. Was kann schlimmer sein, als seine eigene Existenz bzw. seine berufliche Grundlage in Frage gestellt zu bekommen?
Nach dem Motto: Ist es wirklich so, dass ich überflüssig werde.!?
Journalisten sind Torhüter, die niemand mehr braucht.
Disrupt Yourself – Seite 9
Wenn ich mal selbst etwas darüber nachdenke, was in den letzten Jahren so passiert ist.. Ich bin aufgewachsen, als der Walkman noch aktuell war. Still und leise hab ich mich neben die Anlage gestellt und Lieder aufgenommen. Keinen Mucks gesagt, damit ich das nicht auch auf der Kassette hatte.
Aus Walkman wurde ein Discman, aus Discman ein Usb Player. Nun haben wir Smartphones mit Spotify drauf.
Diesen Wandel beschreibt das Buch nur allzu gut. Es ist nicht wirklich wissenschaftlich geschrieben. Die Zusammenhänge kann man auch verstehen, wenn keine 83 Fremdwörter die Sätze zieren.
Christoph Keese gibt wirklich unzählige Fallbeispiele um den Wandel zu skizzieren. Es sind alle uneingeschränkt nachvollziehbar.
Eine „Disruption“ beginnt grundsätzlich mit Unzufriedenheit. Unzufrieden kann ich sein, wenn etwas nicht richtig funktioniert oder generell überhaupt nicht da ist.
Geht mir etwas auf den Keks, versuche ich das zu ändern. Daraus machen Menschen Startup Unternehmen und lösen das Problem. Willkommen neue Welt.
Disruption steht für „disruptive Innovation“. Sie ist das Gegenteil der erhaltenden Innovation, die Erneuerung bringt, ohne die bestehenden Strukturen und Teilnehmer am Markt zu gefährden. Disruptive Innovation verdrängt Teilnehmer vom Markt, weil die von ihnen erfüllte Funktion durch den Fortschritt entfällt.
Christoph Kesse
Eine boomende Wirtschaft ist kein Garant für die Zukunft
Schwarzmalerei ist nicht der Sinn oder das Ziel dieses Buches, sondern vielmehr die Aufklärung. „Mir geht es doch gut“ kann in 10 Jahren schon heißen „hätte ich das alles gewusst“.
Ich muss ehrlich sagen, dass mich vieles sehr zum Nachdenken gebracht hat. Ich selbst arbeite in einem riesigen (mittlerweile) Dax Unternehmen in einem nicht wirklich kleinen Maschinenpark. Die Arbeitsroutinen umfassen das Bestücken der Anlagen und die Bedienung. Dazu etwas Papierkram etc.
Sowas kann auch eine Maschine selbst. Die Papiere können integriert werden in die ausführende Maschine. Die Bestückung kann automatisiert werden mit Zeitintervallen. Das führt dazu, dass eine Person sich nicht um eine Maschine kümmert, sondern um drei. Folglich sind zwei Menschen über.
Das ist nur meine persönliche Situation. Ich denke, dass es uns allen so geht in gewisser Weise.
Das Buch zeigt einige Möglichkeiten davon auf. Und erschreckend muss ich an diese Stelle betonen, dass so ziemlich alles möglich ist. Alles, was in der Glotze früher völlig absurd rüberkam, gibt es teilweise schon. Zustellung mit Drohnen, Massageroboter oder SMARTPHONES.
Die schleichende Digitalisierung findet natürlich nicht sofort statt sondern vielmehr peu a peu. Alles an einem Tag klappt eben nicht. Die Verweigerer neuer Techniken werden auf Dauer einfach keinen Zugang mehr zu Kunden etc. bekommen.
Anhand der wirklich zahlreichen Fallbeispiele kommst du als Leser wirklich hervorragend rein in das Thema. Es werden die Dinge so angesprochen, dass man sich fragt, warum man nicht selbst auf diese Gedanken kommt. Kurze Interviews mit Personen aus völlig unterschiedlichen Berufssparten runden das Verständnis weiter ab.
Disrupt Yourself – Neues ist nicht immer nur schlecht und böse!
Der Mensch neigt dazu, sich immer erst zu bewegen, wenn es wirklich reicht. Wenn die Schwelle des Erträglichen überschritten ist und es nicht mehr so weiter gehen soll.
Das ist der Punkt, an dem moderne Start ups ansetzen und diese Probleme lösen. DAS ist nicht schlecht. Und doch haben viele von uns einfach Angst davor. Angst vor Disruption. Angst ausgetauscht zu werden.
Diese Angst ist natürlich einerseits berechtigt, doch andererseits bietet es auch Chancen. Chancen sich selbst zu verändern und neues zu tun. Die Welt verändert sich.
Jeder Taxifahrer kann noch so gut sein. Wenn selbstfahrende Autos diesen Job übernehmen, ist sein Job definitiv disrupiert. Das kann man drehen und wenden, wie man das gerne möchte. Es ändert jedoch nichts an der Tatsache.
Das beste General-Narrativ in Zeiten disruptiven Wandels lautet: Ich kann überleben.
Christoph Keese – Disrupt Yourself
Der Autor motiviert so ziemlich in jedem Kapitel zum umdenken. Alles auf Null setzen. Sich seiner Angt zu stellen.
Es macht einfach keinen Sinn auf einem sinkenden Schiff unterzugehen, sondern vielmehr schon frühzeitig nach Alternativen zu suchen und die Herausforderung(en) anzunehmen.
Das Buch wird insgesamt bewertet mit ✭✭✭✭ in der Buchkobold Skala.